Sleepwalker, Ozean, Berlin 2011

Für die Ausstellung Sleepwalker hat der Künstler Daniel Segerberg ein elf meter langes Bootsskelett mit Spanten aus Bettlatten konstruiert. Wie ein exotisches Fahrzeug steht es in der überdachten Garagenanlage des OZEAN und lädt den Zuschauer auf eine Reise zwischen Traum und Wirklichkeit ein. Die Arbeit wurde speziell für OZEAN entwickelt und nimmt den größten Teil des eigenartigen, halboffenen Raumes ein. Gleichzeitig assoziiert sie frei über den Namen des Ausstellungsortes und nimmt von hier aus Kurs in Richtung einer Kette von weiteren Assoziationen.

Segerbergs Skulpturen und Installationen entstehen immer aus weggeworfenen, gewöhnlichen Gegenständen. Wie ein baudelairescher Lumpensammler findet der schwedische, in Berlin lebende Künstler seine Objekte in den Straßen der Stadt, und fast immer in der Nähe des Ausstellungsortes. Meist handelt es sich um Massenprodukte aus der Privatsphäre: Klappstühle, Küchengeräte, Wäscheständer, Betten. Aber auch um Reste aus dem Stadtraum wie z.B. Glasscherben oder aufgebrochenen Asphalt. So entstehen seine Ideen und die Entscheidungen für Materialien meistens on-site, was eine enge Wechselwirkung zwischen Ort, Werk und Zuschauer schafft. Auch tauchen bestimmte Objekte in späteren Werken wieder auf als eine Art interne Zitate – so waren z.B. Bettlatten auch in der Installation Walking Stick von 2010 zu sehen.

Dass das, was eine Gesellschaft wegwirft, vielleicht am meisten über sie aussagt, wussten auch die Neuen Realisten in den 60er Jahren. Segerbergs Anhäufungen von gebrauchten, identischen Gegenständen können an Arman erinnern und dessen frühe, serielle ‚Akkumulationen’ von weggeworfenen Alltagsobjekten. Darüber hinaus sind Segerbergs Arbeiten von einem starken erzählerischen Element geprägt. Die Objekte werden zerlegt und als Bausteine in neue narrative Strukturen eingesetzt. Mit all ihren Gebrauchsspuren verweisen sie einerseits zurück auf eine kollektive Geschichte und auf persönliche Erinnerungen des Betrachters – andererseits eröffnen sie neue Assoziationsmöglichkeiten. Als Fragment eines Traumes steht die Skulptur im OZEAN so als eine Art Arche für mentale Expeditionen.

Anne Ethelberg

 
 
 
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